Erfahre, welche Ursachen hinter den vorzeitigen Wechseljahren stecken können und wie du dir deinen Kinderwunsch erfüllen kannst.

Key Facts

  • Schätzungsweise 1-3.5 % aller Frauen sind von einer primären Ovarialinsuffizienz (POI) betroffen
  • 5-10 % der betroffenen Frauen haben trotz POI noch Eisprünge
  • Eine erschöpfte Eizellreserve kann genetisch bedingt oder erworben sein
  • Raucherinnen kommen durchschnittlich 1 bis 4 Jahre früher in die Wechseljahre
  • Innovative Therapien wie die Stammzelltherapie oder die In-vitro-Aktivierung können die Eierstockfunktion bei Frauen mit POI wiederherstellen

Einleitung

Bleibt deine Periode aus oder ist sie unregelmässig? Hast du Symptome, die der Menopause ähneln, und Schwierigkeiten, schwanger zu werden? Vielleicht hast du schon von Begriffen wie „vorzeitige Menopause“, „primäre Ovarialinsuffizienz“ oder „erschöpfte Eizellreserve” gehört. Doch was bedeuten sie wirklich – und wie kann es sein, dass diese Symptome bereits in so jungen Jahren auftreten?

In diesem Artikel erfährst du, wie sich diese Begriffe unterscheiden und welche Symptome, Ursachen und möglichen Behandlungen es bei der vorzeitigen Menopause gibt, die bereits Frauen im Alter von 20 Jahren oder jünger betreffen kann.

Menopause, vorzeige Wechseljahre und primäre Ovarialinsuffizienz: Was bedeuten die Begriffe?

Wenn junge Frauen keine regelmässige Menstruation mehr haben und ihre Fruchtbarkeit stark eingeschränkt ist, gibt es dafür unterschiedliche medizinische Begriffe. Hier eine Übersicht:

Menopause

Die North American Society for Menopause definiert die Menopause als das endgültige Ende der Menstruation, das nach 12 Monaten ohne Monatsblutung diagnostiziert wird. Dieser natürliche Prozess tritt meist ab einem Alter von 45 Jahren auf (durchschnittliches Menopausealter: 51 Jahre) und bedeutet das Ende der Fruchtbarkeit. Er geht mit einem Rückgang der Hormonproduktion der Eierstöcke einher, insbesondere von Östrogen.

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Vorzeitige Menopause / Vorzeitige Wechseljahre

Die vorzeitige Menopause (Klimakterium praecox) tritt ein, wenn die Menstruation dauerhaft vor dem 40. Lebensjahr ausbleibt. Die Eierstöcke stellen ihre Funktion vollständig ein, es findet kein Eisprung mehr statt und die Hormonproduktion (Östrogen und Progesteron) endet. Eine Schwangerschaft ist dann auf natürlichem Weg nicht mehr möglich.

Primäre Ovarialinsuffizienz (POI)

Die primäre Ovarialinsuffizienz (POI) beschreibt dagegen eine eingeschränkte Funktion der Eierstöcke vor dem 40. Lebensjahr. Die Menstruation kann unregelmässig sein oder ganz ausbleiben. Die Funktion der Eierstöcke ist zwar reduziert, aber gelegentliche Eisprünge und somit auch eine geringe Fruchtbarkeit können weiterhin bestehen. POI verläuft daher anders als die Menopause, bei der die hormonelle Aktivität der Eierstöcke vollständig eingestellt ist.

Vorzeitige Menopause vs. frühe Menopause

Die frühe Menopause tritt ein, wenn eine Frau zwischen 40 und 45 Jahren aufhört zu menstruieren. Eine primäre Ovarialinsuffizienz (POI) liegt vor, wenn eine Frau vor dem 40. Lebensjahr, also vor der frühen Menopause, aufhört zu menstruieren oder die Funktion ihrer Eierstöcke nachlässt.

Wie häufig ist POI?

Früher ging man davon aus, dass POI relativ selten ist. Neuere Studien legen jedoch nahe, dass 1 bis 3.5 % der Frauen betroffen sein könnten. POI kann Frauen jeden Alters betreffen, unabhängig davon, ob sie bereits Kinder haben oder nicht. Sie tritt jedoch häufiger bei Frauen über 30 Jahren auf.

In diesem Video erklärt dir der Gynäkologe Dr. med. Konstantin Wagner, warum vorzeitige Wechseljahre bereits mit 20 (oder auch schon früher) auftreten können:

Kann ich in den vorzeitigen Wechseljahren schwanger werden?

Die Eierstockaktivität kann bei Frauen mit POI wieder einsetzen, und bei 5-10 % dieser Frauen kommt es zu einem spontanen Eisprung, was bedeutet, dass die Möglichkeit besteht, auf natürlichem Weg schwanger zu werden.

Ursachen für eine vorzeitige Menopause

Die vorzeitige Menopause setzt ein, wenn die Eierstöcke nicht mehr ausreichend Hormone produzieren, insbesondere Östrogen. Dies kann verschiedene Ursachen haben:

  • Verminderte Anzahl an Eizellen: Die Eierstöcke haben von Geburt an weniger Eizellen oder diese gehen schneller verloren als üblich.
  • Zerstörung der Eizellen: Eizellen werden z.B. durch Autoimmunerkrankungen, Chemotherapie oder Bestrahlung zerstört.
  • Eizellen reifen nicht heran: Die Eizellen können nicht richtig auf die Hormone reagieren, die den Eisprung auslösen.

Dadurch kommt es zu einem unausgeglichenen Hormonspiegel: Der Östrogenspiegel ist niedrig, während der Spiegel des follikelstimulierenden Hormons (FSH) hoch ist. FSH wird normalerweise ausgeschüttet, um die Eizellreifung anzuregen. Da bei POI aber nur wenige Eizellen vorhanden sind oder diese nicht reagieren, bleibt der FSH-Spiegel dauerhaft erhöht.

Die Folge ist, dass kein Eisprung stattfindet und die Frau unfruchtbar wird. Ausserdem kommt es zu Symptomen des Östrogenmangels, wie z.B. Hitzewallungen und unregelmässige Regelblutungen.

Mehr über die Ursachen und Auswirkungen der vorzeitigen Wechseljahre erfährst du im Podcast "Vorzeitige Wechseljahre ab 30":

Mögliche Ursachen im Detail

  • Genetische Faktoren: Chromosomenanomalien wie das Turner-Syndrom und Fragile-X-Syndrom oder genetische Mutationen können zu POI führen. X-Chromosomen-Störungen beeinträchtigen die Entwicklung der Fortpflanzungsorgane. Frauen mit Turner-Syndrom haben bei der Geburt genügend Eizellen, aber die Reserve nimmt schnell ab und die Menopause kann vor der Pubertät eintreten.

Genetische Syndrome, die ganze Gene oder einzelne Genvarianten betreffen, können die Eizellentwicklung während der Embryogenese beeinträchtigen und zu POI führen.

  • Autoimmunerkrankungen: Bei Autoimmunerkrankungen kann der Körper die Eierstöcke angreifen. Die genaue Prävalenz von Autoimmunerkrankungen bei Frauen mit POI ist unbekannt. Eine Studie zeigte, dass 40.4 % von 52 Frauen mit bestätigter POI mindestens eine Autoimmunerkrankung wie Morbus Hashimoto, systemischer Lupus erythematodes oder rheumatoide Arthritis aufwiesen. Diese Frauen hatten auch schlechtere Ergebnisse bei Kinderwunschbehandlungen. Auch bei Frauen mit Morbus Addison ist die POI-Prävalenz höher.
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  • Toxine und Verletzungen: Eine Chemo- oder Strahlentherapie kann, insbesondere wenn sie in jungen Jahren durchgeführt wird, den Eizellenvorrat einer Frau dauerhaft schädigen und zu Unfruchtbarkeit führen. Dies liegt an der toxischen Wirkung der Behandlung auf die sich entwickelnden Eizellen. Um jungen Frauen, die sich einer solchen Therapie unterziehen müssen, die Chance auf eine spätere Schwangerschaft zu erhalten, sollte die Kryokonservierung von Eizellen oder Eierstockgewebe vor Behandlungsbeginn angeboten werden
  • Familiäre Vorbelastung: 10-15% der Fälle von spontaner POI treten bei Frauen auf, deren Verwandte ersten Grades ebenfalls von frühen Wechseljahren oder POI betroffen sind. Dies deutet auf eine familiäre Vorbelastung hin, die häufig auf genetische Ursachen zurückzuführen ist.
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  • Infektionen: Auch Infektionen können eine Ursache für eine vorzeitige Ovarialinsuffizienz (POI) sein. Verschiedene Viren, wie beispielsweise Mumps, das Cytomegalievirus oder das Varizellen-Zoster-Virus, können die Eierstöcke befallen und Entzündungen hervorrufen (Oophoritis). Diese Entzündungen können die Funktion der Eierstöcke beeinträchtigen und zu einer POI führen.

Auch bakterielle Infektionen, wie beispielsweise Tuberkulose, können in seltenen Fällen die Eierstöcke schädigen und eine POI auslösen.

Einer Meta-Analyse zufolge kommen Raucherinnen 1 bis 4 Jahre früher in die Wechseljahre kommen als Nichtraucherinnen.

Woran erkenne ich, ob ich in den vorzeitigen Wechseljahren bin?

Die Symptome einer POI sind von Frau zu Frau unterschiedlich. Häufig treten folgende Beschwerden auf:

Veränderungen im Menstruationszyklus:

  • Die Periode bleibt aus oder kommt unregelmässig.
  • Die Blutung ist schwächer oder stärker als sonst.

Weitere Symptome:

  • Hitzewallungen und Schweissausbrüche (Nachtschweiss)
  • Schlafstörungen
  • Scheidentrockenheit
  • Trockene Haut
  • Stimmungsschwankungen
  • Konzentrationsprobleme
  • Gelenkschmerzen

Warum ist eine frühzeitige Diagnose so wichtig?

Eine späte Diagnose kann schwerwiegende Folgen haben, sowohl für die körperliche als auch die seelische Gesundheit. Die Symptome, wie z.B. Hitzewallungen und unregelmässige Blutungen, können sehr belastend sein. Ausserdem kann der langfristige Östrogenmangel zu weiteren Problemen wie Osteoporose oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.

Wie wird POI diagnostiziert?

Wenn du unter 40 bist und deine Periode für vier Monate oder länger ausgeblieben ist, sollte deine Frauenärztin oder dein Frauenarzt prüfen, ob du von POI betroffen sein könntest. Um die Diagnose zu sichern, werden verschiedene Untersuchungen durchführen:

  • Blutuntersuchungen: Hierbei werden die Hormone im Blut gemessen, insbesondere FSH (follikelstimulierendes Hormon) und Östradiol (eine Form von Östrogen). Bei POI ist der FSH-Spiegel erhöht und der Östradiolspiegel niedrig. Auch das Anti-Müller-Hormon (AMH) dient als Indikator für die ovarielle Reserve. Der AMH-Spiegel im Blut korreliert eng mit der Anzahl der verbleibenden Eizellen und gibt somit Auskunft über die ovarielle Reserve. Bei Frauen mit POI ist der AMH-Spiegel typischerweise sehr niedrig oder sogar nicht mehr nachweisbar.
  • Ultraschall: Mittels Ultraschall kann der Gynäkologe oder die Gynäkologin die Eierstöcke untersuchen und ihre Grösse und Struktur beurteilen. Die Eierstöcke sind im Vergleich zu Frauen im gleichen Alter ohne POI deutlich kleiner. Antralfollikel, kleine Eibläschen, die im Ultraschall sichtbar sind, sind vermindert oder fehlen ganz. Ausserdem kann durch den Östrogenmangel die Gebärmutterschleimhaut dünner sein als erwartet.
  • Genetische Tests: In manchen Fällen können genetische Tests sinnvoll sein, um die Ursache der POI zu finden. Dies ist besonders wichtig, wenn es in deiner Familie Fälle von POI oder frühen Wechseljahren gibt.

Was passiert nach der Diagnose?

Nach der Diagnose wird dein Arzt oder deine Ärztin mit dir die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten besprechen. Ziel ist es, die Symptome zu lindern und die langfristigen Folgen des Östrogenmangels zu verhindern.

Behandlung von POI

POI lässt sich leider nicht heilen. Die Behandlung konzentriert sich deshalb darauf, deine Beschwerden zu lindern und dich vor den Folgen des Östrogenmangels zu schützen.

Was kann man tun?

  • Symptome lindern: Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen – all das kann durch den Östrogenmangel bei POI auftreten. Dein Arzt oder deine Ärztin kann dir Medikamente verschreiben, die diese Beschwerden lindern.
  • Östrogenmangel ausgleichen: Östrogen ist wichtig für deine Knochengesundheit und dein Herz-Kreislauf-System. Um Osteoporose und Herzerkrankungen vorzubeugen, kann eine Hormonersatztherapie (HRT) sinnvoll sein. Ausserdem kann sie dir dabei helfen, Hitzewallungen und andere Wechseljahresbeschwerden zu reduzieren.
  • Psychische Gesundheit stärken: POI kann auch deine Psyche belasten. Sprich mit deinem Arzt oder Therapeuten, wenn du dich niedergeschlagen oder ängstlich fühlst.
  • Grunderkrankung behandeln: Wenn eine bestimmte Erkrankung die Ursache für deine POI ist, muss diese zuerst behandelt werden.

Wie kann ich in den vorzeitigen Wechseljahren schwanger werden?

Auch Frauen mit POI können noch einen Eisprung haben, wenn auch seltener. Eine Studie aus dem Jahr 1999 zeigte, dass Frauen mit POI nach der Diagnose noch eine 5-10%ige Chance haben, schwanger zu werden. Da es schwierig ist, den genauen Zeitpunkt des Eisprungs zu bestimmen, ist es wichtig, bei Kinderwunsch regelmässig ungeschützten Geschlechtsverkehr zu haben.

Kinderwunschbehandlungen

Sollte nach 12 Monaten mit regelmässigem, ungeschütztem Geschlechtsverkehr keine Schwangerschaft eintreten, gibt es verschiedene Möglichkeiten der assistierten Reproduktion:

Die Eizellspende ist derzeit in der Schweiz und in Deutschland nicht erlaubt.

Änderungen des Lebensstils

Eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung, ausreichend Bewegung und Verzicht auf Rauchen und übermässigen Alkoholkonsum kann hormonelle und menstruelle Ungleichgewichte positiv beeinflussen.

Kalzium und Vitamin D

Eine ausreichende Zufuhr von Kalzium und Vitamin D ist wichtig für die Knochengesundheit. Empfohlen werden 700 mg Kalzium und 10 µg Vitamin D pro Tag. Da es schwierig sein kann, genügend Vitamin D über die Nahrung aufzunehmen, sind Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll.

Neue Therapieansätze

Es gibt vielversprechende neue Ansätze zur Wiederherstellung der Eierstockfunktion, wie die In-vitro-Aktivierung (IVA) und die Oogonalstammzelltherapie. Diese Therapien befinden sich aber noch in der Forschungsphase.

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Fazit

POI ist eine komplexe Erkrankung. Die Beratung durch einen Reproduktionsmediziner hilft dir dabei, herauszufinden, ob du möglicherweise von POI betroffen bist und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.

Welche Behandlung für dich die richtige ist, hängt von deinen individuellen Wünschen und Zielen ab, beispielsweise ob du schwanger werden möchtest.

Du hast POI und einen Kinderwunsch? Unser Team von Spezialisten berät dich umfassend und einfühlsam zu allen Fragen rund um deinen Kinderwunsch. Sichere dir jetzt deinen Termin.