Mit diesem Text möchten wir dich genauer über habituelle Aborte und ihre Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten informieren.

Key Facts

  • Habituelle Aborte sind mindestens drei Fehlgeburten, die sich hintereinander ereignen
  • Ca. 1 % der Paare oder Frauen, die schwanger werden wollen, sind von habituellen Aborten betroffen
  • Die häufigsten Ursachen für wiederholte Fehlgeburten sind Fehlbildungen der Gebärmutter, Myome oder Verwachsungen
  • Zur Diagnose und Behandlung können eine Gebärmutterspiegelung oder eine Bauchspiegelung eingesetzt werden
  • Zellgifte wie Alkohol und Nikotin können zu Fehlgeburten führen und sollten bei Kinderwunsch und in der Schwangerschaft vermieden werden

Einleitung

Die Erfahrung einer Fehlgeburt ist für viele Paare und Einzelpersonen ein einschneidendes Ereignis. Manchmal kann diese Erfahrung aber noch komplexer sein: Wenn mehrere Fehlgeburten hintereinander auftreten. Genau dann spricht man von habituellen Aborten.

Für die betroffenen Frauen und ihre Partner können habituelle Aborte nicht nur physisch, sondern auch emotional sehr belastend sein. Mit diesem Text möchten wir dich genauer über habituelle Aborte und ihre Häufigkeit, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten informieren.

Was genau ist ein habitueller Abort?

Von einem habituellen Abort – im Englischen „recurrent miscarriage“ – spricht man, wenn mehrere aufeinanderfolgende Fehlgeburten in der Frühschwangerschaft auftreten. Man kann zwischen Frühaborten (d.h. ein Schwangerschaftsverlust bis zur der 12. Schwangerschaftswoche) und Spätaborten (von der 13. bis zur 20. Schwangerschaftswoche) unterscheiden. Der Begriff „habituell“ bedeutet, dass es sich um ein wiederkehrendes Ereignis handelt.

Was ist der Unterschied zwischen einer sporadischen und einer habituellen Fehlgeburt?

Man spricht von einer sporadischen Fehlgeburt (Spontanabort), wenn die Frau den Fötus vor der 20. Schwangerschaftswoche (SSW) verliert. Die Abortrate ist dabei relativ häufig hoch. Laut American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG) enden bis zu 26 % aller Schwangerschaften in einer Fehlgeburt. Eine sporadische Fehlgeburt tritt in der Regel einmalig auf und die Frau kann danach problemlos ein Kind austragen.

Von einem wiederholten Spontanabort (WSA) spricht man, wenn der Abort mehrmals hintereinander auftritt. Die Anzahl der aufeinanderfolgenden Fehlgeburten, damit man von einem habituellen Abort sprechen kann, ist umstritten. Meistens wird habitueller Abort als mindestens drei aufeinanderfolgende Schwangerschaftsverluste (nicht durch Ultraschalluntersuchung nachgewiesene Schwangerschaftsverluste inkludiert) definiert.

Die Prävalenz nimmt mit dem Alter der Mutter zu. Es gibt viele verschiedene Gründe, warum eine Fehlgeburt auftreten kann, und die Ursache der Fehlgeburt kann von Frau zu Frau unterschiedlich sein.

Wie häufig sind habituelle Aborte?
Risiko nach einer Fehlgeburt noch nicht erhöht

Wie häufig sind habituelle Aborte?

Ungefähr 1 % der Paare oder Frauen, die versuchen schwanger zu werden, sind von wiederholten Fehlgeburten betroffen. Es handelt sich dabei in den meisten Fällen nicht einfach um aufeinanderfolgende sporadische Fehlgeburten, sondern um ein eigenes Krankheitsbild.

Die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt steigt mit der Anzahl der vorausgegangenen Aborte. Das Wiederholungsrisiko einer erneuten Fehlgeburt liegt nach drei aufeinanderfolgenden Fehlgeburten bei 31–33 %. Obwohl viele Frauen, die wiederkehrende Fehlgeburten erleiden, mit ihrem Schicksal hadern, wird empfohlen nicht aufzugeben. Die Prognosen, trotzdem noch eine erfolgreiche Schwangerschaft zu erleben, sind nämlich gut.

Was ist der Unterschied zwischen primären und sekundären habituellen Aborten?

Wiederholte Fehlgeburten können in primäre und sekundäre Fehlgeburten unterteilt werden. Primäre habituelle Aborte sind Schwangerschaftsverluste bei Frauen, die noch nie ein Kind zur Welt gebracht haben. Eine sekundäre wiederholte Fehlgeburt wird hingegen definiert als Schwangerschaftsverlust bei Frauen, die bereits ein Kind geboren haben.

Was sind die Gründe für habitueller Aborte?

Wenn du dich fragst, warum du bereits mehrere Fehlgeburten hinter dir hast, gibt es in der Mehrheit der Fälle keine Antwort darauf. Bei bis zu 50 % der Patientinnen, die habituelle Aborte erleiden, gibt es keine klar definierte Ursache. Darum sind wiederholte Fehlgeburten eines der komplexesten und schwierigsten Themen in der Reproduktionsmedizin und können für die Patientinnen, ihre Familien und die behandelnden Ärzte frustrierend sein.

Eine gute Übersicht über wiederkehrende Fehlgeburten erfährst du in dem Video von Dr. med. Konstantin Wagner:

Sechs häufige Gründe für wiederholte Fehlgeburten

Die bekannten Ursachen von habituellen Schwangerschaftsverlusten lassen sich in folgende Kategorien einteilen:

Chromosomenstörungen

50 % der Fälle sind chromosomale Veränderungen, also Chromosomenmutationen (Translokation), die häufigste Ursache für Fehlgeburten. Diese Anomalien entstehen meistens in der ersten Phase der Zellteilung der befruchteten Eizelle. Wenn Eizelle und Samenzelle verschmelzen, entsteht eine neue Zelle, aus der sich Feten entwickeln können.

Embryos enthalten im Normalfall 46 Chromosomen: 22 Paare nicht-geschlechtlicher Chromosomen und die zwei Geschlechtschromosomen. Frauen haben zwei X-Chromosomen und Männer ein Y- und ein X-Chromosom. Hier können Störungen vorliegen, die zu einem Abort führen können. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Trisomien (Vorhandensein eines zusätzlichen Chromosoms), Polyploidien (Vervielfachung des Chromosomensatzes) oder Monosomie (Fehlen eines Chromosoms).

Bei Chromosomenstörungen gibt es keine Therapie. Wenn einer der Partner ein erhöhtes Risiko für eine Chromosomenanomalie hat, kann eine Chromosomenanalyse in Form einer Polkörperdiagnostik (PKD) oder Präimplantationsdiagnostik (PID) angewandt werden. Beide Verfahren werden im Rahmen einer künstlichen Befruchtung durchgeführt.

Verschiedene Studien sind sich aber uneinig darüber, ob Paare, die habituelle Aborte erfahren, von den beiden Verfahren profitieren.

Fehlformen der Gebärmutter

Uterusanomalien können ebenso für habituelle Fehlgeburten verantwortlich sein. Sie werden unterteilt in angeborene und erworbene Ursachen.

Angeborene Ursachen sind Fehlformen im Uterus, die von Geburt an bestehen und die eine erfolgreiche Entwicklung des Embryos stören oder verhindern. Eine durch ein Septum (Trennwand) separierte Gebärmutterhöhle, wie es beim Uterus Septus der Fall ist, kann eine Ursache für habituelle Fehlgeburten sein. Der septierte Uterus gilt als die häufigste angeborene Uterusanomalie.

Erworbene Anomalien entwickeln sich erst später. Solche Gebärmutteranomalien sind zum Beispiel Synechien (Verklebungen oder Verwachsungen von Gewebsschichten), Myome (gutartige Wucherungen), oder Polypen (Schleimhautwucherungen) und können das Risiko für habituelle Aborte erhöhen.

Eine Analyse mehrerer Studien kam zu dem Schluss, dass angeborene Gebärmutterdefekte bei etwa 12,6 % der Patientinnen mit wiederkehrendem Schwangerschaftsverlust vorlagen.

Fehlformen lassen sich in der Gynäkologie mit verschiedenen Verfahren, wie zum Beispiel Ultraschalluntersuchungen oder mit einer Hysteroskopie (Spiegelung der Gebärmutterhöhle), erkennen. Uterusfehlbildungen können operativ mit unterschiedlich aufwändigen Eingriffen behandelt werden. Ein Septum, das die Gebärmutterhöhle teilt, kann beispielsweise mit einer hysteroskopischen Operation entfernt werden. Verwachsungen können ebenfalls durch einen hysteroskopischen Eingriff gelöst werden.

Zervixinsuffizienz

Wenn eine Fehlgeburt erst später in der Schwangerschaft auftritt, ist einer Gebärmutterhalsschwäche (Zervixinsuffizienz) einer der häufigsten Gründe. In einer dänischen Studie wurde das Fehlgeburtsrisiko in Folge einer Zervixinsuffizienz untersucht. Dabei betrug die Wiederholungsrate für Fehlgeburten im zweiten Trimester 28 %, wenn keine Cerclage (ein chirurgischer Eingriff zur Verstärkung des Gebärmutterhalses) durchgeführt wurde. Frauen mit einer vaginalen Cerclage hatten demnach ein um 53 % geringeres Risiko für eine wiederholte Fehlgeburt oder Frühgeburt als Frauen ohne Cerclage.

Endokrine Störungen

Hormonstörungen der Frau, wie Diabetes Mellitus oder eine Unterfunktion der Schilddüse (Hypothyreose) etwa ausgelöst durch Hashimoto-Thyreoiditis, können der Auslöser für habituelle Aborte sein. Auch Frauen, die am PCO-Syndrom (PCOS) leiden, haben häufiger habituelle Aborte. Störungen der Lutealfunktion (Gelbkörperschwäche) werden ebenso als Grund für wiederkehrende Schwangerschaftsverluste diskutiert. Eine geringe Lutealfunktion bedeutet, dass weniger Progesteron (Gelbkörperhormon) produziert wird. Progesteron ist ein wichtiges Hormon für die Aufrechterhaltung einer Schwangerschaft.

Hat eine Frau mehr als drei Fehlgeburten in Folge, empfiehlt die gynäkologische Endokrinologie sie auf hormonelle Störungen zu untersuchen und entsprechend zu behandeln. Durch die Messung der Hormonwerte kann das Risiko frühzeitig erkannt und durch Hormonpräparate behandelt werden. Bei Problemen mit der Schilddüse sollte das thyreotrope Hormon (TSH) bereits vor Beginn der Schwangerschaft überprüft werden.

Bei Frauen mit Kinderwunsch und endokrinen Störungen, wie Schilddrüsenerkrankungen oder Diabetes, können die Erkrankungen medikamentös eingestellt werden.

Gerinnungsstörungen

Ein funktionierendes Blutgerinnungssystem im Körper der Frau ist für die Entstehung und den Erhalt einer Schwangerschaft wichtig. Es gibt Hinweise darauf, dass Erkrankungen des Gerinnungssystems, wie Thrombophilie, in Zusammenhang mit habituellen Aborten stehen. Eine Thrombophilie, wie zum Beispiel die Faktor V-Leiden Mutation, bringt ein erhöhtes Thromboserisiko mit sich.

Dabei kann man zwischen angeborenen und erworbenen Gerinnungsstörungen unterscheiden. Angeborene Gerinnungsstörungen sind Veränderungen in gewissen Genen, die die Gerinnung des Blutes verändern. Diese Veränderungen in den Genen des Antithrombin iii, des Protein S oder des Protein C können zu einer erhöhten Thromboseneigung in der Schwangerschaft führen.

Um Gerinnungsstörungen festzustellen können die APC-Resistenz (diese kann Hinweise auf ein Risiko für Venenthrombosen geben), das Vorhandensein einer Prothrombinmutation (genetisch bedingte Gerinnungsstörung)  oder eines Protein-S-Mangels (geht mit einer erhöhten Thromboseneigung einher) untersucht werden. Eine Untersuchung von Frauen mit habituellen Aborten auf vererbte Thrombophilien kann je nach individueller Situation angebracht sein.

Bei Gerinnungsstörungen kann eine frühzeitige Therapie durch niedermolekulares Heparin und/oder eine Acetylsalicylsäure (ASS)-Gabe sinnvoll sein.

Autoimmunerkrankung

Eine Autoimmunerkrankung wie das Antiphosopholipidsyndrom (APS) kann ein erhöhtes Thromboserisiko und eine Plazentainsuffizienz verursachen, die zu habituellen Aborten führen können. Das Syndrom bewirkt, dass der Körper Abwehrstoffe gegen körpereigene Blutzellen oder Gefässwände bildet. Damit können Aborte auch immunologische Ursachen haben.

Zur Therapie eigenen sich auch hier Blutverdünner wie Heparin und/oder Ass.

Lebensstil

Es wird vermutet, dass Rauchen die Trophoblastenfunktion (Funktion der Zellschicht, die für die Ernährung des Embryos verantwortlich ist) beeinträchtigt und mit dem Abortrisiko verbunden ist. Übergewicht und Adipositas stehen ebenso mit einem erhöhten Risiko eines erneuten Schwangerschaftsverlustes in Zusammenhang. Alkohol-, Kokainkonsum und erhöhter Koffeinkonsum (mehr als 3 Tassen Kaffee pro Tag) werden ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für spontane Fehlgeburten in Verbindung gebracht.

Ursachen für habituelle Aborte
Häufige Gründe für wiederholte Fehlgeburten

Was kann ich bei wiederholten Fehlgeburten tun?

Wenn du bereits mehr als eine Fehlgeburt erlitten hast, solltest du dich an deinen Gynäkologen oder an ein Kinderwunschzentrum wenden, um der Ursache auf dem Grund zu gehen und das Risiko für eine weitere Fehlgeburt zu reduzieren. Im ersten Schritt kann dir Blut abgenommen werden, um deine Hormonwerte zu untersuchen. Ausserdem kann ein Ultraschall Aufschluss über die Form und Beschaffenheit der Gebärmutter geben. Zur weiterführenden Diagnostik kann bei dir eine Gerinnungsdiagnostik durchgeführt werden. Eventuell werden auch eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) oder eine Gebärmutterspiegelung (Hysteroskopie) durchgeführt.

Fazit

Wiederholte Fehlgeburten sind ein wichtiges Thema in der reproduktiven Gesundheit und betrifft ungefähr 1 % der Paare mit Kinderwunsch. Zu den allgemein bekannten Ursachen gehören Chromosomenstörungen, Uterusanomalien, das Antiphospholipid-Syndrom und hormonelle Störungen. Andere Ursachen wie vererbte Thrombophilie oder Lutealphasendefizite gelten noch als umstritten.

Habituelle Fehlgeburten und eine erhöhte Abortneigung  können für die betroffenen Frauen und ihre Familien sehr belastend sein. Eine fundierte Aufklärung über das Thema, ein guter Austausch mit dem behandelnden Arzt oder bei Bedarf eine psychologische Betreuung, können für Frauen und ihre Partner hilfreich sein, um mit der Situation besser umzugehen. Wichtig ist, dass das medizinische Fachpersonal die Patientinnen mit wiederholtem Schwangerschaftsverlust umfassend berät, damit sie eine fundierte Entscheidung darüber treffen können, ob sie sich umfangreichen Untersuchungen und Behandlungen unterziehen möchten.

Obwohl es für betroffene Paare und Frauen schwierig sein kann, mit der Diagnose „habituelle Aborte“ umzugehen, besteht in vielen Fällen eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Schwangerschaft. Es kommt auf die individuelle Situation der Frau an und hängt vor allem von der zugrunde liegenden Ursache für die Schwangerschaftsverluste ab. Bei behandelbaren Erkrankungen, wie zum Beispiel bei endokrinen Funktionsstörungen oder anatomischen Anomalien, ist die Chance auf ein gesundes Baby bei Behandlung gross. Bei Patientinnen mit einer genetischen Ursache für den Verlust hängt die Erfolgsquote vor allem von der Art der vorliegenden Störung ab.

Du hast mehrere Fehlgeburt erlebt und möchtest zu möglichen Untersuchungen oder Behandlungen beraten werden? Dann wende dich gerne an Cada. Unser spezialisiertes Team berät dich bei allen Fragen zum Thema Fruchtbarkeit in einem kostenfreien Beratungsgespräch.