Medical Freezing bezeichnet das Einfrieren von Eizellen und Spermien aus medizinischen Gründen. Erfahre alles über Voraussetzungen, Ablauf und Kosten.

Key Facts

  • Medical Freezing bezeichnet das Einfrieren von Keimzellen aus medizinischen Gründen, um die Fruchtbarkeit zu einem späteren Zeitpunkt zu erhalten
  • Medical Freezing wird vor allem bei Krebspatient*innen eingesetzt, aber auch bei Autoimmun- und genetischen Erkrankungen sowie Endometriose
  • Die Überlebensrate von eingefrorenen Eizellen liegt nach dem Auftauen bei etwa 90 %
  • Eingefrorene Spermien zeigen vergleichbare Schwangerschaftsraten wie frische Proben
  • Die Kosten für Medical Freezing werden von der Krankenversicherung übernommen

Einleitung

Die moderne Reproduktionsmedizin bietet vielfältige Möglichkeiten, um die Fruchtbarkeit bei Frauen und Männern zu erhalten. Eine davon ist das sogenannte Medical Freezing, bei dem Spermien, unbefruchtete Eizellen oder Eierstockgewebe eingefroren werden, um zu einem späteren Zeitpunkt schwanger zu werden.

Im Gegensatz zum Social Freezing, bei dem Eizellen oder Spermien aus persönlichen Gründen (z. B. Fehlen des richtigen Partners) für eine spätere Familienplanung eingefroren werden, sind die medizinischen Voraussetzungen für Medical Freezing klar definiert.

Im Folgenden erfährst du, wie Medical Freezing funktioniert, welche Behandlungen die Krankenkasse übernimmt und welche Vorteile es für deine Fertilität bietet.

Was ist Medical Freezing?

Medical Freezing beschreibt das vorsorgliche Einfrieren von Keimzellen aus medizinischen Gründen. Hauptziel ist es, die Fruchtbarkeit von Personen zu bewahren, die durch eine Erkrankung oder deren Therapie eine dauerhafte Einschränkung ihrer Fruchtbarkeit erleiden könnten.

Besonders häufig betroffen sind Patient*innen, die eine onkologische Behandlung, wie zum Beispiel Chemotherapie oder Bestrahlung, benötigen. Diese Therapien können die Keimzellen schädigen und eine spätere natürliche Empfängnis erschweren oder unmöglich machen.

Eine Studie zeigt, dass die Kryokonservierung von Eizellen eine effiziente Methode zum Anlegen einer Eizellreserve bei jungen Krebspatientinnen ist. Die Studie untersuchte 508 Frauen, die zwischen 1996 und 2021 Eizellen einfrieren liessen. Die Ergebnisse zeigten, dass etwa 41 % der Patientinnen, die ihre eingefrorenen Eizellen nutzten, erfolgreich schwanger wurden.

Dies verdeutlicht die Erfolgschancen der Methode und unterstreicht ihre Bedeutung als Standardoption zur Fruchtbarkeitserhaltung bei onkologischen Behandlungen​.

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Indikationen für Medical Freezing

Das Einfrieren von Eizellen, Spermien und Eierstockgewebe aus medizinischen Gründen kommt in verschiedenen Situationen zum Einsatz. Die häufigsten Indikationen sind:

  • Krebstherapie: Chemotherapie, Bestrahlung oder operative Eingriffe können die Funktion der Keimzellen beeinträchtigen, die Qualität der Eizellen oder Spermien mindern oder diese sogar vollständig zerstören.
  • Autoimmunerkrankungen: Bei bestimmten Erkrankungen wie Lupus erythematodes oder rheumatoider Arthritis können immunmodulierende Therapien die Keimzellen schädigen.
  • Genetische Erkrankungen: Frauen mit genetisch bedingtem Risiko für eine vorzeitige Menopause, wie dem Turner-Syndrom, oder Männer mit genetischen Störungen, die die Spermienproduktion beeinträchtigen, haben die Möglichkeit, ihren Kinderwunsch durch Medical Freezing zu erfüllen.
  • Endometriose: Bei Frauen mit schwerer Endometriose, die das Gewebe der Eierstöcke schädigt, kann die Eizellentnahme und die anschliessende Vitrifikation eine Möglichkeit sein, ihre Fruchtbarkeit zu bewahren. Allerdings gilt das Einfrieren von Eizellen bei Endometriose nicht immer als medizinische Indikation. Mehr erfährst du in folgendem Artikel:
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Diese breite Palette an Indikationen zeigt, wie wertvoll die Medical Freezing als Teil der modernen Medizin geworden ist. Sie bietet nicht nur eine medizinische Lösung, sondern schenkt Patient*innen auch Hoffnung und eine Perspektive für die Zukunft.

Erfolgschancen von Medical Freezing

Die Erfolgschancen des Medical Freezing hängen von verschiedenen Faktoren ab:

  • Alter bei der Entnahme: Jüngere Frauen haben in der Regel eine bessere Eizellqualität, was die Chancen auf eine spätere Schwangerschaft erhöht.
  • Anzahl der entnommenen Keimzellen: Je mehr Eizellen oder Spermien eingefroren werden können, desto grösser sind die Chancen, dass eine spätere künstliche Befruchtung erfolgreich ist.
  • Qualität der Lagerung: Moderne Kryokonservierungsmethoden wie die Vitrifikation (schnelles Einfrieren) sorgen dafür, dass die Zellen optimal erhalten bleiben.

Eine Metaanalyse zeigt, dass die Überlebensrate von eingefrorenen Eizellen nach dem Auftauen bei rund 90 % liegt. Die anschliessende Befruchtungsrate liegt bei etwa 70 %, wobei die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Schwangerschaft von der individuellen Ausgangslage abhängt.

Auch die Erfolge mit kryokonservierten Spermien sind durchaus nennenswert. Eine Studie zeigt, dass das Einfrieren und Auftauen von Spermien, insbesondere bei Patienten, die eine krebsbedingte Gonadotoxizität durchlaufen haben, hohe Erfolgschancen aufweist. Mithilfe moderner Techniken wie der Vitrifikation und dem Einsatz von Kryoprotektoren können Schäden an den Spermien minimiert werden. Dadurch bleiben viele wichtige Eigenschaften, wie die DNA-Integrität und Beweglichkeit der Spermien, weitgehend erhalten. Es wurde beobachtet, dass die Schwangerschaftsraten bei der Verwendung von kryokonservierten Spermien für Verfahren wie IVF oder ICSI mit denen von frischen Proben vergleichbar sind, insbesondere wenn die Kryopräservierung korrekt durchgeführt wurde.

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Risiken und Nebenwirkungen

Trotz der vielen Vorteile ist Medical Freezing nicht ohne Risiken:

  • Für Frauen: Die hormonelle Stimulation, die vor der Entnahme der Eizellen durchgeführt wird, kann Nebenwirkungen wie Stimmungsschwankungen, Gewichtszunahme oder das sogenannte ovarielles Überstimulationssyndrom (OHSS) verursachen. Letzteres ist selten, kann aber ernsthafte gesundheitliche Komplikationen mit sich bringen.
  • Für Männer: Die Spermienentnahme ist in der Regel unkompliziert, birgt jedoch in seltenen Fällen Risiken, wenn eine operative Entnahme durch eine TESE erforderlich ist, etwa bei Azoospermie (Fehlen von Spermien im Ejakulat).
  • Psychologische Belastung: Für viele Betroffene ist der Eingriff emotional belastend, da er oft in einer ohnehin schwierigen Lebensphase erfolgt.

Ablauf von Medical Freezing

Der Prozess des Einfrierens unterscheidet sich bei Frauen und Männern leicht. Frauen müssen in der Regel eine hormonelle Stimulation durchlaufen, um mehrere Eizellen zu gewinnen. Die reifen Eizellen werden im Anschluss mittels einer Punktion entnommen und anschliessend eingefroren. Dieser Vorgang kann je nach individueller Voraussetzung etwa zwei bis vier Wochen in Anspruch nehmen. Bei Männern ist der Prozess oft weniger komplex und umfasst eine Spermaprobe, die nach der Gewinnung eingefroren wird.

Das Einfrieren erfolgt bei extrem niedrigen Temperaturen in flüssigem Stickstoff. Dabei wird darauf geachtet, die Zellen so schnell wie möglich einzufrieren, um Schäden zu vermeiden und die Qualität für eine spätere Verwendung zu erhalten. Die eingefrorenen Zellen können dann theoretisch unbegrenzt gelagert werden, bis die betroffene Person bereit ist, eine Schwangerschaft anzustreben.

Die eingefrorenen Eizellen können nur durch eine speziellen Form der In-vitro-Fertilisation (IVF) befruchtet werden. Mithilfe der Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) wird zur Befruchtung ein einzelnes Spermium direkt in die Eizelle injiziert.

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Kostenübernahme durch die Krankenkasse

In der Schweiz sind die Regelungen zur Kostenübernahme für Medical Freezing durch die Krankenkassen klar definiert, sofern eine medizinische Notwendigkeit vorliegt. Die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) deckt die Kosten für die Kryokonservierung von Eizellen, Spermien oder Eierstockgwebe, wenn dies aus medizinischen Gründen erforderlich ist, beispielsweise vor einer Chemotherapie oder Bestrahlung, die die Fruchtbarkeit gefährden könnten.

Für Social Freezing, das keine medizinische Indikation hat, müssen Patient*innen die Kosten selbst tragen.

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Häufig gestellte Fragen

Wo kann ich Medical Freezing durchführen lassen?

Wenn du dich mit Medical Freezing auseinandersetzt, können verschiedene Einrichtungen für dich infrage kommen. Viele Universitätsspitäler in der Schweiz bieten Medical Freezing als Teil ihrer Reproduktionsmedizin an. Sie sind oft die erste Anlaufstelle für Patient*innen, die aufgrund einer Krebserkrankung eine Fruchtbarkeitserhaltung benötigen.

Auch ein Kinderwunschzentrum, Fachbereiche regionaler Kliniken, wie Urologie oder Gynäkologie, oder auch eine Frauenklinik bieten Medical Freezing an.

Kann ich meine eingefrorenen Keimzellen in ein anderes Land transportieren lassen?

Ja, ein Transport ist möglich. Die meisten Einrichtungen, die Medical Freezing durchführen, bieten dafür spezielle Logistiklösungen an.

Fazit

Medical Freezing ist eine wichtige Option für den Fertilitätserhalt. Durch die Möglichkeit, Keimzellen einzufrieren, bleibt Patient*innen die Chance auf eine spätere Familienplanung erhalten. In der Schweiz profitieren betroffene Patient*innen zudem von einer umfassenden finanziellen Unterstützung durch die Krankenkassen.

Medical Freezing kann damit nicht nur medizinische, sondern auch psychologische Erleichterung schaffen – das Wissen, dass die Chance auf eine Familie bewahrt bleibt, gibt Betroffenen Sicherheit und Perspektive.

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