Wiederholte Fehlgeburten können die Folge einer Gerinnungsstörung sein. Wir erklären dir, wie du trotz Gerinnungsstörung schwanger werden kannst.
Key Facts
- Gerinnungsstörungen können angeboren sein oder erworben
- Frauen mit Gerinnungsstörung haben ein erhöhtes Risiko für Schwangerschaftskomplikationen
- Störungen der Blutgerinnung führen häufiger zu wiederholten Fehlgeburten
- Durch hormonelle Stimulation und Schwangerschaft ist das Thromboserisiko bei einer IVF leicht erhöht
- Bei Bedarf können Blutverdünner eingesetzt werden, um das Thromboserisiko zu senken
Einleitung
Wenn du nicht schwanger wirst oder bereits mehrere Fehlgeburten erlitten hast, kann eine Gerinnungsstörung dahinterstecken. Eine Gerinnungsstörungen ist in vielen Fällen angeboren oder tritt im Laufe des Lebens auf.
Normalerweise bildet der Körper bei einer Verletzung ein Blutgerinnsel, um die Blutung zu stoppen. Dieser Prozess beinhaltet das Zusammenspiel verschiedener Proteine (Gerinnungsfaktoren), Blutplättchen und anderer Faktoren.
Bei einer Gerinnungsstörung kann dieser Prozess beeinträchtigt sein, was zu einer erhöhten Blutungsneigung oder erhöhten Thromboseneigung (Thrombophilie) führen kann.
- Gerinnungsdefizite: Bei diesen Störungen gerinnt das Blut zu langsam oder gar nicht, was zu verlängerten Blutungen und blauen Flecken führen kann. Beispiele sind Hämophilie A und B sowie das Von-Willebrand-Syndrom.
- Thrombophilie: Der Begriff “Thrombophilie” umfasst verschiedene Blutgerinnungsstörungen, bei denen die Blutgerinnung erhöht ist und sich häufiger Thromben (Blutgerinnsel) bilden. Eine Thrombophilie kann dabei vererbt werden oder durch das Alter oder den Lebensstil (z. B. Rauchen, Übergewicht) zustande kommen. Beispiele für eine Thrombophilie sind die Faktor-V-Leiden-Mutation oder ein Protein-S-Mangel.
Blutgerinnungsstörungen können verschiedene Ursachen haben. Dazu zählen genetische Veranlagung, Autoimmunerkrankungen (z. B. Antiphospholipid-Syndrom), Krebs, bestimmte Medikamente sowie Schwangerschaft.
Kann man trotz Gerinnungsstörung schwanger werden?
Ja, Frauen mit einer Gerinnungsstörungen können schwanger werden und ein Kind austragen. In einigen Fällen kann eine Thrombophilie die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Die gestörte Blutgerinnung kann die Einnistung des Embryos behindern oder zu einer Fehlgeburt (Abort) führen.
Eine Gerinnungsstörung kann durch eine Blutuntersuchung festgestellt werden. Wenn wir im Rahmen der Fruchtbarkeitsanalyse den Verdacht haben, dass eine Gerinnungsstörung vorliegen könnte, empfehlen wir eine Gerinnungsdiagnostik. Somit können bei einer Kinderwunschbehandlung geeignete Massnahmen ergriffen und Komplikationen so gering wie möglich gehalten werden.
Eine Untersuchung der Blutgerinnung wird insbesondere Schwangeren oder Frauen mit Kinderwunsch empfohlen, die:
- bereits eine Thrombose hatten
- familiär vorbelastet sind
- wiederholte Fehlgeburten erlitten haben
- an Präeklampsie gelitten haben
Welchen Einfluss haben Gerinnungsstörungen auf den Kinderwunsch?
Studien belegen einen Zusammenhang zwischen erhöhter Blutgerinnungsneigung (Hyperkoagulabilität) und verschiedenen Fruchtbarkeitsproblemen wie ungeklärter Unfruchtbarkeit, Einnistungsversagen und wiederholten Fehlgeburten (habituelle Aborte).
In diesem Video erklärt die Dr. med. Sarah Plack, was Gerinnungsstörungen sind und welche Auswirkungen sie auf den Kinderwunsch und die Schwangerschaft haben können:
Störungen der Blutgerinnung können sich dabei auf das Schwangerwerden und auf das Austragen einer Schwangerschaft auswirken:
Plazentafunktion und Gerinnung
- Gestörte Blutversorgung: Die Plazenta (Mutterkuchen) benötigt eine ausreichende Blutversorgung, um den Fötus mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Bei Gerinnungsstörungen kann die Durchblutung der Plazenta beeinträchtigt sein, was zu einer Unterversorgung des Fötus führen kann. Dies kann zu Wachstumsverzögerungen oder im schlimmsten Fall zu einer Fehlgeburt führen.
- Plazenta-Infarkte: In einigen Fällen können sich in der Plazenta Gerinnsel bilden, die zu kleinen "Infarkten" führen. Abgestorbene Plazentaareale können die Funktion der Plazenta beeinträchtigen.
- Blutungen: Bei Gerinnungsstörungen kann es zu vermehrtem Blutverlust bei der Ablösung der Plazenta nach der Geburt kommen. Dies kann zu einer Blutarmut (Anämie) bei der Mutter führen und in seltenen Fällen lebensbedrohlich sein.
Erhöhtes Risiko für Präeklampsie
Frauen mit Gerinnungsstörungen haben ein erhöhtes Risiko für eine Präeklampsie. Diese zeigt sich häufig, aber nicht zwangsläufig, durch einen erhöhten Blutdruck in Verbindung mit einer verstärkten Eiweissausscheidung. Die Präeklampsie kann zu schweren Komplikationen für Mutter und Kind führen, wie z. B. Organschäden, Frühgeburten und im schlimmsten Fall zum Tod.
Einnistungsversagen
Gerinnungsstörungen können die Einnistung des Embryos in die Gebärmutterschleimhaut auf verschiedene Weise beeinträchtigen:
- Störung der Durchblutung der Gebärmutterschleimhaut: Die Gebärmutterschleimhaut benötigt eine ausreichende Blutversorgung, um den Embryo mit Nährstoffen und Sauerstoff zu versorgen. Bei Gerinnungsstörungen kann die Durchblutung der Gebärmutterschleimhaut beeinträchtigt sein, was die Einnistung des Embryos erschweren kann.
- Bildung von Blutgerinnseln: Gerinnungsstörungen können zur Bildung von Blutgerinnseln in der Gebärmutterschleimhaut führen. Diese Blutgerinnsel können die Einnistung des Embryos verhindern oder zu einer Fehlgeburt führen.
Wie gefährlich ist eine Gerinnungsstörung in der Schwangerschaft?
Ob eine Blutgerinnungsstörung zu Schwangerschaftskomplikationen führt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem von der Art der Gerinnungsstörung, dem individuellen Risiko der Frau und der medizinischen Versorgung.
Generell gilt:
- Nicht bei allen Frauen mit Gerinnungsstörungen kommt es zu Komplikationen während der Schwangerschaft.
- Allerdings sind Frauen mit bestimmten Gerinnungsstörungen, wie z. B. Faktor-V-Leiden oder Prothrombin-Mutation, häufiger von Schwangerschaftskomplikationen betroffen.
- Mit geeigneter Vorsorge und Behandlung können die meisten Schwangerschaften mit Gerinnungsstörungen jedoch erfolgreich verlaufen.
Was tun bei Gerinnungsstörung in der Schwangerschaft?
Wenn du schwanger bist und eine Gerinnungsstörung hast, solltest du auf Folgendes achten:
- Vor der Schwangerschaft: Frauen mit Gerinnungsstörungen sollten vor der Schwangerschaft mit ihrem Gynäkologen oder ihrer Gynäkologin, ggf. mit hämatologischer Zuweisung für die Untersuchung der Blutgerinnung, sprechen, um das Risiko und die notwendigen Vorsorgemassnahmen zu besprechen.
- Während der Schwangerschaft: Regelmässige Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen sind wichtig, um mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. In einigen Fällen kann eine medikamentöse Behandlung mit Blutverdünner notwendig sein, um das Risiko von Komplikationen zu verringern. Auch Kompressionsstrümpfe können empfohlen werden, um das Thromboserisiko zu senken.
- Nach der Geburt: Frauen mit bekannten Gerinnungsstörungen wie Faktor-V-Leiden oder Prothrombin-Mutation haben ein bis zu 10-fach erhöhtes Risiko für Gefässverschlüsse (Schwangere Frauen mit Faktor-V-Leiden sogar ein 30-fach erhöhtes Risiko). Nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt kann im Wochenbett eine Thromboseprophylaxe fortgeführt oder damit begonnen werden.
Thromboserisiko bei künstlicher Befruchtung
Das Risiko für eine Thrombose bei einer künstlichen Befruchtung ist leicht erhöht, im Vergleich zu einer spontanen Schwangerschaft.
Dies liegt an verschiedenen Faktoren:
- Hormonelle Stimulation: Die bei der In-vitro-Fertilisation (IVF) und Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) verwendeten Hormone können die Blutgerinnung beeinflussen und das Risiko für Blutgerinnsel erhöhen.
- Schwangerschaft: Eine Schwangerschaft selbst erhöht generell das Thromboserisiko, da das Blutvolumen und die Gerinnungsfaktoren zunehmen. Auch die hormonellen Veränderungen in der Schwangerschaft können zu einem erhöhten Thromboserisiko führen.
- Weitere Risikofaktoren: Frauen, die bereits in der Vergangenheit eine Thrombose hatten, oder andere Risikofaktoren wie Übergewicht, Rauchen, Bewegungsmangel oder eine familiäre Veranlagung haben, tragen ein zusätzliches Risiko.
Wie hoch das Risiko genau ist, ist schwer zu sagen, da es von verschiedenen Faktoren abhängt. Eine Studie ergab, dass Frauen, die nach einer IVF anschliessendem Embryotransfer schwanger werden, ein mehr als 8-fach erhöhtes Risiko für venöse Thromboembolien und Lungenembolien im ersten Trimester haben, verglichen mit Frauen, die auf natürlichem Wege schwanger werden. Im Gegensatz dazu war die Häufigkeit von Venenthrombosen bei Frauen mit Kryotransfer im ersten Trimester nicht erhöht.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass das absolute Risiko immer noch gering ist. Pro 1.000 Frauen, die sich einer IVF-Behandlung unterziehen, kommt es in etwa bei 4 von ihnen zu einer Thrombose.
Je nach individuellem Risiko kann eine vorbeugende Behandlung mit blutverdünnenden Medikamenten (z.B. Heparin) empfohlen werden.
Was sind die Symptome einer Gerinnungsstörung?
Viele Frauen wissen nicht, dass sie eine Gerinnungsstörung haben. Oftmals bemerken sie dies nur, wenn sie einen unerfüllten Kinderwunsch haben und nicht schwanger werden.
Häufige Symptome einer erhöhten Blutungsneigung sind:
- Häufiges Nasenbluten
- Leichte Blutergüsse und blaue Flecken
- Starker Menstruationsfluss
- Verlängerte Blutungszeit und Nachbluten nach Verletzungen oder Operationen
- Blut im Stuhl oder Urin
Symptome einer erhöhten Thromboseneigung sind:
- Tiefe Venenthrombose (TVT): Schmerzen, Schwellungen und Rötungen in einer Beinvene
- Lungenembolie: Plötzlicher Atemnot, Brustschmerzen, Husten und Blutauswurf
- Schlaganfall
- Herzinfarkt
Häufig gestellte Fragen
Kann eine Gerinnungsstörung eine Fehlgeburt auslösen?
Ja, eine Gerinnungsstörung kann eine Fehlgeburt auslösen. Obwohl die meisten Fehlgeburten durch Chromosomendefekte ausgelöst werden, sind 55 % der wiederholten Fehlgeburten auf Gerinnungsstörungen zurückzuführen, die Thrombosen und Infarkte der Plazentagefässe verursachen.
Kann eine Blutgerinnungsstörung eine Schwangerschaft verhindern?
Ja, eine Gerinnungsstörung kann eine Schwangerschaft verhindern und zu Unfruchtbarkeit führen. Mehrere Studien deuten auf einen Zusammenhang zwischen Gerinnungsstörungen und Unfruchtbarkeit hin. Zu hohe oder zu niedrige Gerinnungsfaktoren können die Durchblutung der Fortpflanzungsorgane beeinträchtigen und die Einnistung stören.
Auch bei Endometriose, einer häufigen Ursache für Unfruchtbarkeit, wurden erhöhte Gerinnungsfaktoren festgestellt. Die genauen Ursachen sind jedoch noch nicht vollständig geklärt.
Fazit
Frauen mit einer Gerinnungsstörungen können schwanger werden und ein gesundes Kind zur Welt bringen. Allerdings besteht bei ihnen ein erhöhtes Risiko unter anderem für Fehlgeburten, Präeklampsie, Frühgeburten und Thrombosen. Mit geeigneter Vorsorge und Behandlung können die meisten Schwangerschaften mit Gerinnungsstörungen jedoch erfolgreich verlaufen.
Wenn du vermutest, dass bei dir eine Gerinnungsstörung vorliegt, solltest du diese auf jeden Fall abklären lassen. So können wir deinen Behandlungsplan optimal anpassen und eventuelle Komplikationen aufgrund einer Blutgerinnungsstörung reduzieren.